Die Oberflächengestalt und die Orientierung der geometrischen Formen zur Bewegungsrichtung bestimmen unter anderem die Kontaktverhältnisse und beeinflussen wesentlich das Reibungs- und Verschleißverhalten (Vgl. Abbildung 4; Abbildung 5; Abbildung 6). Stegstrukturen, wie in Abbildung 4 dargestellt, können auch aus der Fräsbearbeitung von Kunststoffoberflächen resultieren!
Die Entwicklung der Reibflächentemperatur wird unter anderem sehr stark durch die Größe der Kontaktfläche und die Wärmeisolierung des Reibkontaktes beeinflusst. Bei großen Kontakflächen oder Baugruppen, die den Reibkontakt gegen das Umgebungsmedium abschirmen, kann die Reibungswärme kaum abfließen. Die Temperatur im Reibkontakt steigt und wirkt sich auf den Reibungswert und den Verschleiß aus.
Die Abbildung 7 und die Abbildung 8 zeigen sehr deutlich den Einfluss der Umgebungstemperatur und der Reibflächentemperatur auf das tribologische Verhalten. Im Vorfeld tribologischer Untersuchungen müssen die Ursachen für die thermische Beanspruchung sehr genau betrachtet werden, da bekanntermaßen bei Reibungsvorgänge Wärme entsteht und das mechanische Verhalten thermoplastischer Kunststoffe dadurch sehr stark beeinflusst wird. In diesem Zusammenhang sind alle Einflussfaktoren, die sich auf die Wärmeentwicklung im Reibkontakt auswirken genau zu analysieren.
Der Einfluss der Flächenbelastung, der Reibgeschwindigkeit, der Oberflächengestalt und der Oberflächenorientierung sowie der Temperatur wurden in den obigen Diagrammen dargestellt. Entscheident für die Entwicklung des Reibungswertes und des Verschleißes ist die Wirkungsdauer der Flächenbelastung, Reibgeschwindigkeit und Temperatur, und zwar separiert bezüglich des Grundkörpers und des Gegenkörpers.
Bei den meisten Reibpaarungen gibt es eine große Abweichung der Wirkungsdauer zwischen Grund- und Gegenkörper, diese Tatsache muss bei der Versuchsplanung und der Kunststoffauswahl berücksichtig werden.
Die folgende Abbildung zeigt in der Seitenansicht einen geraden Streckenabschnitt eines Fördersystems mit Kunststoffgleitkette. Die Kettenglieder (2) bestehen aus einem Stück. Auf der Kette liegt das Fördergut (1) auf. Die Last des Fördergutes wird über die Kette flächig auf die Kunststoffgleitschiene (Segment der Gleitschiene 3) übertragen. Nachfolgend wird die Gleitreibung zwischen den Kettengliedern und der Gleitschiene analysiert. Dazu werden ein einzelnes Kettenglied (2) und ein Segment der Gleitschiene (3) betrachtet.
Tabelle 1: Beanspruchungsanalyse Kettenglied – Gleitschienensegment
Kettenglied | Gleitschienensegment | |
---|---|---|
Geschwindigkeit | 0,3 m/s | 0,3 m/s |
Flächenbelastung | 0,1 MPa | 0,1 MPa |
Dauer der Belastung | 20 sec, danach >20sec lastfrei | ohne Unterbrechung (Abstände zwischen Gliedern vernachlässigt) |
Umgebungstemperatur | 20° C | 20° C |
Wärmeisolierung des Reibkontakts | gering; kann durch die Umgebungsluft umströmt werden, insbesondere im Leertrum wird die Reibfläche nahezu frei belüftet | mittel bis hoch; wird nur zwischen den Kettengliedern belüftet sowie von rechts und links; Auflage der Gleitschiene auf dem Führungsprofil aus Stahl oder Aluminium wirkt sich positiv auf die Wärmeabgabe aus |
Reibfläche – Kontaktfläche | B10 mm x L20 mm | B10 mm x L20 mm |
Reibweg über die Lebensdauer | 365d x 10h x 0,5 x 3600s x 0,3 m/s = 1971 km | 365d x 10h x 3600s x 0,3 m/s = 3942 km |
Oberflächenbearbeitung | Spritzguss; Erodierstruktur | gefräst; feine Frässtruktur in Längsrichtung |
Aus der Analyse geht hervor, dass die Reibungsbeanspruchung des Kettengliedes deutlich geringer als die der Gleitschiene ist. Der Reibweg des Kettengliedes unter Last liegt bei 1971 km, der der Gleitschiene bei 3942 km. Die Gleitschiene ist beständig unter Last im Reibkontakt, während das Kettenglied im Wechsel 20 sec belastet und dann im Leertrum 20 sec quasilastfrei läuft.
Modellversuche helfen bereits in einem frühen Entwicklungsstadium praxisnahe Versuchsergebnisse zu gewinnen und das bei geringen Kosten und Aufwand. Damit die Ergebnisse praxisnah sind und sie eine objektive Entscheidung bei der Kunststoffauswahl ermöglichen, ist folgendes Vorgehen bei der Versuchsplanung sinnvoll:
Aus den gewählten Parametern ergeben sich für den Kurzzeitversuch (24 h) folgende Reibwege:
[1] Czichos, H.: The priciples of systems analysis and their application to tribology, ASLE Trans. 17, 1974
[2] Weisbach, T.: Korrelationsanalyse von Tribologiekennwerten, Studienarbeit, TU-Chemnitz, Professur Fördertechnik, 2011
[3] Schüppel, M.: Analyse des Reibungs- und Verschleißverhaltens von künstlichen Gleitauflagen für Sport- und Freizeit, Abschlussarbeit, TU-Chemnitz, Professur Fördertechnik, 2011
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